Beitrag vom 09.06.2015
in der Kategorie: Veranstaltungen

Ein Sonntag mit Eiben – Naturkundliche Wanderung 2015

Stürmische Böen und Nieselregen können am ersten Septembersonntag die kleine Gruppe mit Naturfreunden nicht abschrecken, die sich am Wanderparkplatz in Schlottwitz versammelt. Forstwirt a. D. und Naturschutzexperte Karl-Heinz Rehn und Forstwissenschaftlerin Kerstin Heyne führen an diesem Tag die Teilnehmer in das Naturschutzgebiet „Müglitzhang bei Schlottwitz“. Nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) geschützt, weißen die Hänge seltene Lebensraumtypen wie Felsspaltenvegetation und Porphyr-Schutthalten auf.

Die 1000-jährige Eibe bei Schlottwitz

Doch zunächst widmet sich die Wandergruppe dem Schwerpunktthema der Exkursion, den Eiben. Mit über 300 Exemplaren verschiedenen Alters beherbergt der Müglitzhang bei Schlottwitz das größte und auch älteste natürliche Eibenvorkommen in Sachsen. Mit den weitreichenden starken Wurzeln und einem dicken Stamm hinterlässt die älteste Eibe im Hang einen bleibenden Eindruck. Da stört es auch nicht, dass sie noch keine 1000 Jahre alt ist. Viele alte Exemplare mit den unterschiedlichsten Wuchsformen lassen sich auf dem Weg bestaunen.

Die streng geschützte Eibe (Taxus baccata) ist etwas Besonderes und macht es Wissenschaftlern unmöglich sie in eine Schublade zu stecken, da Eiben sowohl Eigenschaften von Pionier-, als auch Klimaxbaumarten aufweisen. Auch zu den Koniferen (Zapfenträgern) gehört sie scheinbar nicht, denn die von Vögeln verbreitete Eibe bildet einen roten Samenmantel (Arillus) statt eines Zapfens. Eiben wachsen langsam, erreichen ein hohes Alter und verjüngen sich nicht nur über Samen, sondern auch durch Astsenker. Diese Anpassungsstrategie sorgt dafür, dass die Eibe sich nicht einmal von der Schlusswaldbaumart Buche verdrängen lässt.

Die Wandergruppe betrachtet eine Stammscheibe der Eibe

Keine Angst vor der Eibe – das ist das Credo von Forstwissenschaftlerin Kerstin Heyne. Die faszinierende Baumart hat häufig mit Vorurteilen zu kämpfen, da alle Pflanzenteile, bis auf den roten Arillus, giftiges Taxin enthalten. Vergiftungen durch die Eibe sind jedoch selten und wurden absichtlich herbeigeführt. Pflanzenfressende Haustiere sollte man, zu ihrem und zum Schutz des Baumes, von der Eibe abgrenzen.

Nicht nur das Wetter hinterlässt einen herbstlichen Eindruck, sondern auch die zum Teil entlaubten Eichen entlang des Weges. Der Rekordsommer 2015 hat an den besonnten Extremlagen frühzeitig seine Spuren hinterlassen. Die spärlich bewachsenen Blockhalden und die knorrigen kleinen Eichen und Kiefern geben den Hängen unterhalb des Lederberges ein mediterranes Flair. Wer genau hinsieht, findet hier den Gemeinen Wacholder (Juniperus communis). Er ist ein Extremstandortstratege und wächst, geradezu waghalsig, an den Felsvorsprüngen, wo er mit keinem anderen Baum um Licht konkurrieren muss.

Naturschutzexperte Karl-Heinz Rehn erklärt anschaulich, welche Pflanzenarten mit dem extremen Bedingungen fertig werden und betont, wie wichtig stehendes und liegendes Totholz für einen Wald ist. Nicht aufräumen, ist hier die Divise. Das tote Holz steckt voller Leben, denn es beherbergt zahlreiche Insektenarten, ernährt Spechte und gewährt Höhlenbrütern Unterschlupf und Nistmöglichkeiten.

Auch Fledermäuse profitieren von den natürlichen Höhlungen in alten Bäumen. Gleich zwei gefährdete Arten sind an den Müglitzhängen heimisch. Neben dem Großen Mausohr (Myotis myotis) jagt hier die vom Aussterben bedrohte Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros). Kerstin Heyne und Karl-Heinz Rehn appellieren an die Grundstücksbesitzer, bei Arbeiten an Haus und Hof die Fledermäuse zu bedenken. Die größte Bedrohung für die Jäger der Nacht sind Gebäuderenovierungen, bei denen die Einflugmöglichkeiten zu den Wochenstuben verschlossen werden.

Kerstin Heyne und Karl-Heinz Rehn stellen die Fledermausarten der Müglitzhänge vor

Für interessierte Tierschützer und Häuslebauer stellt der Freistaat Sachsen eine Broschüre zum Download bereit.

Nach zwei Stunden im FFH-Gebiet Müglitzhänge sind die Köpfe gefüllt aber die Themen noch lange nicht erschöpft. Bei Kaffee und selbst gebackenem Pflaumenkuchen lassen die Teilnehmer die Veranstaltung am Landgut ausklingen. Zwischen schnaubenden Pferden drehen sich die Gespräche in der gemütlichen Scheune noch lange über Wald, Wild und Naturschutz.

Wer mehr über die wundersamen Eiben erfahren möchte, empfehlen wir das umfassende Buch „Die Eibe im neuen Licht“ von Fred Hageneder. Besuchen Sie auch die musikalische Lesung mit Herrn Hageneder am 25. September um 20.00 Uhr am Landgut.

Gemütlich klingt der Nachmittag in der Scheune aus

Mediterranes Flair bietet die Vegetation am Lederberg

Die Wandergruppe unter der 1000-jährigen Schlottwitzer Eibe

Die alten Eiben im Müglitzhang bei Schlottwitz

Kerstin Heyne am Fuß der mächtigen Wurzeln der 1000-jährigen Eibe bei Schlottwitz

Karl-Heinz Rehn erklärt, wie Waldwirtschaft und Naturschutz vereinbar werden

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