Strahlende Wintersonne begrüßt die eintreffenden, naturkundlich interessierten Wanderer an diesem noch etwas frostigen Novembermorgen. Den Müglitzthang, den entlang die vom Landgut Kemper & Schlomski initiierte Wanderung führen soll, haben die Sonnenstrahlen allerdings noch nicht komplett erreicht, so dass die Wanderfreudigen nach einer kleinen Vorstellungsrunde zunächst in den etwas düsteren, aber um so mystischer wirkenden Wald eintreten.
Obwohl sich der Großteil der Teilnehmer schon länger mit ess- und nutzbaren Pflanzen und Pilzen beschäftigt, sind sie sehr gespannt darauf zu erfahren, was es denn in der kalten Jahreszeit noch zu entdecken gibt. Bereits auf den ersten Metern des sich über Stock und Stein schlängelnden Weges findet ein reger Austausch über Pflanzen, Pilze und altes Wissen statt. Rotpustelpilze (Nectria cinnabarina) auf Zweigen und Ästen, so klein, dass man sie trotz ihres leuchtenden Purpurs nur allzu leicht übersieht, und große, überalterte, schon halb zerfallene Hallimasche (Armillaria spec.) gibt es zu entdecken. In früheren Jahrhunderten wurden sie als Abführmittel verwendet – wobei es heutzutage jedoch sicherlich geeignetere Mittel gibt – und noch heute sind sie der Schrecken eines jeden Försters, da sie im Inneren der Bäume durch den Abbau des Lignins Weißfäule verursachen. Vorbei an immergrünem Efeu (Hedera helix) und echtem Wurmfarn (Dryopteris filix-mas) führt der Weg immer aufwärts, hin zur „1000-jährigen Eibe“ (Taxus baccata), die schon bald eindrucksvoll ihre knorrigen Äste über uns in den azurblauen Himmel streckt. Nachdem wir ihren majestätischen Anblick gebührend auf uns haben wirken lassen, geht es weiter gen Süden.
Ziel ist das Flächennaturdenkmal “Wiese Oberschlottwitz“, die in der Bevölkerung eher unter dem Namen “Hermannwiese“ bekannt ist. Äußerst unterschiedliche Landschaftsbilder werden dabei durchquert: Wir passieren düstere, von Fichten und Buchen dominierte, mit Ahorn, Esche und Linde durchmischte Hangschluchtwälder, bewundern den größten Eibenbestand Sachsens und wandern die lichtdurchfluteten, von Eichen und Hasel bewachsenen Porphyr-Blockhänge entlang. Nach dem Erreichen der Hermannwiese und einer kleinen Rast geht es wieder zurück zum Wanderparkplatz in Schlottwitz. Auch auf dem Rückweg verweilt die Gruppe immer wieder um Wissen zum Nutzen von Bäumen, Sträuchern und Kräutern auszutauschen und Sonne zu tanken. Unter der Laubschicht wird eine kleine Ansammlung des hübschen Violetten Rötelritterlings (Lepista nuda) entdeckt, Wissen zur volkskundlichen Anwendung von Besenheide (Calluna vulgaris), Brombeere (Rubus spec.), Himbeere (Rubus spec.), Löwenzahn (Taraxacum officinale) und vielem mehr wird zusammengetragen. Alle lernen voneinander. Warm und herzlich fällt der Abschied an diesem wunderbaren Spätherbsttag aus, an dem wohl alle einiges Neues über unsere heimische Natur erfahren und wunderschöne Eindrücke sammeln konnten.