Besser können die Voraussetzungen für eine gelungene Frühjahrsexkursion nicht sein: strahlender Sonnenschein, angenehm warme Temperaturen und ein gut gelaunter Exkursionsleiter, der am Wanderparkplatz in Schlottwitz schon in den Startlöchern steht. Karl-Heinz Rehn, Forstwirt a. D., führt als Experte für die heimische Tier- und Pflanzenwelt seit mehreren Jahren naturschutzinteressierte Kinder und Jugendliche durch den Schulwald am Landgut Kemper & Schlomski (LGKS).
Gemeinsam mit Forstwissenschaftlerin Kerstin Heyne, Betreuerin der Bildungsangebote im Schulwald, begrüßt er Lehrerin Careen Berthold und ihre Schüler. Sie alle sind in der achten Klasse der Goethe-Oberschule Pirna und besuchen den Neigungskurs Schulwald, der vom LGKS initiiert wurde. In Kooperation mit der Schule haben engagierte Schüler in diesem Kurs die Möglichkeit, ökologische Entstehungs- und Entwicklungsprozesse verschiedenster Art praktisch zu erfahren und aktiv mitzugestalten sowie deren Hintergründe und Bedeutung zu verstehen.
Nach einer kurzen Einführung geht es auch schon steil bergan. Der Schlucht- und Hangmischwald entlang des Doktorgrabens gehört zum FFH-Gebiet Müglitztal. FFH-Gebiete bezeichnen besonders schützenswerte Gebiete in Europa, die einer ganz bestimmten Fauna-, Flora-Habitat- und Vogelschutzrichtline entsprechen. Hier gibt es eine einzigartige Vielfalt von Lebewesen zu entdecken. Immer wieder macht die Gruppe halt und Karl-Heinz Rehn erläutert den Exkursionsteilnehmern Wissenswertes zu einzelnen Bäumen, Kräutern und Insekten. Außerdem lernen sie, sich selbst zu helfen. Dazu hat Herr Rehn eine Auswahl von Bestimmungsbüchern dabei, die er an die Schüler verteilt. Damit richtig umzugehen, ist zunächst gar nicht so leicht, aber bald haben alle den Dreh raus. Sie zeigen sich gegenseitig gefundene Exemplare und können mit Hilfe der Nachschlagewerke auch deren Namen und Eigenschaften benennen.
Wie bei jeder Naturschutz-Exkursion im Schulwald, ist auch diesmal eine praktische Aufgabe Teil des Programms. Im Rahmen der im vergangenen Jahr vom LGKS durchgeführten großen Schülerstudie zum Thema Waldnutzung gaben die meisten Befragten an, bei ihren Wanderungen vor allem die durch Menschen verursachte Verschmutzung der Wälder als störend zu empfinden. Aber zurückgelassene Abfälle und illegal im Wald entsorgter Müll sind nicht nur ein unschöner Anblick, sie können auch zur tödlichen Falle für Wildtiere werden. Forstwissenschaftlerin Kerstin Heyne erklärt den Schülern, warum. Glasscherben und Blechteile führen oft zu erheblichen Verletzungen der Tiere. Plastikmüll kann, versehentlich als Nahrung aufgenommen, schlimme gesundheitliche, im Ernstfall tödliche Folgen haben. Vögel verbauen Plastikfolien und ähnliches mitunter gern in ihren Nestern. Dadurch kann das Regenwasser jedoch nicht mehr abfließen und die Jungvögel müssen im Nest ertrinken. Hirsche können sich beim Äsen mit ihrem Geweih in liegen gelassenen Drähten und Schnüren verfangen. Offene Dosen und Verpackungen verleiten Füchse und Igel dazu, ihre Schnauzen hineinzustecken. Können sie sich nicht selbst wieder daraus befreien, bedeutet das für sie einen qualvollen Hungertod.
Die Liste der möglichen Gefährdungen ist lang. Betroffen schauen die Schüler des Neigungskurses auf die von Kerstin Heyne mitgebrachten Fotos zum Thema. Unmut über die Gedankenlosigkeit vieler Menschen macht sich breit. Schnell sind sich alle einig: Wir wollen vor Ort etwas dagegen tun! Sie krempeln die Ärmel hoch, schnappen sich Arbeitshandschuhe und Müllsäcke und machen sich in Zweier- und Dreierteams auf in den Wald. Alles, was dort nicht hingehört, wird eingesammelt. Neben Verpackungsmüll, Glasflaschen und Plastikfolien finden die Schüler auch zerlöcherte Schuhe, kaputtes Spielzeug und sogar eine alte Klobrille.
Der Einsatz lohnt sich: Gegen Mittag türmt sich ein beachtlicher Berg randvoller Müllsäcke am Hauptweg, wo sie später mit dem Hänger abgeholt und fachgerecht entsorgt werden können. Schüler, Lehrer und Betreuer sind mit ihrer Ausbeute zufrieden. Nun ist es Zeit für eine verdiente Stärkung. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg zum Landgut, wo ein erlebnisreicher Tag bei einem gemeinsamen Essen am Biotopteich ausklingt.
Mit auf den Weg nehmen die Schüler nicht nur das neu gewonnene Wissen um die regionale Tier- und Pflanzenwelt und das gute Gefühl, etwas für den Naturschutz im Wald getan zu haben, sondern auch die Verantwortung, die jeder Einzelne für seine Umwelt trägt. Ein Picknick im Wald ist schön, aber es ist wichtig, dabei keine Spuren zu hinterlassen. Außerdem ist es gar nicht so schwer, eine unachtsam weggeworfene Flasche oder Tüte mitzunehmen und später zu entsorgen. Letzten Endes profitieren nicht nur Wild und Wald, sondern auch die Waldbesucher selbst von einer verantwortungsbewußten Handlungsweise.